Nachdem es gestern eine theoretische Einführung zum Thema “Yoga für Kletterer” gab, folgt nun die Praxis:
Egal ob Sie schon lange klettern, gerade erst anfangen oder die Berge am liebsten vom Fenster aus anschauen: Diese Sequenz von der Yogalehrerin und passionierten Kletterin Lydia Zamorano hilft Ihnen auf jeden Fall weiter.
Wirkungen
Die folgenden Übungen kräftigen die gesamte Rumpfmuskulatur, mobilisieren die Hüftgelenke, gleichen Dysbalancen im Schultergürtel aus und fördern innere Ruhe und Gelassenkeit. Dazu sollten Sie mindestens dreimal pro Woche üben.
Vorbereitung
Zwei bis fünf Runden Surya Namaskar (Sonnengruß).
1// Bretthaltung
Wirkung: kräftigt den Rumpf
Sie beginnen in Adho Mukha Shvanasana (nach unten schauender Hund). Verlagern Sie Ihr Gewicht nach vorn, bis die Schultern über den Händen stehen und bilden Sie mit Ihrem Körper von den Fersen bis zum Scheitel eine Linie. Beobachten Sie, ob Sie leicht zu einer Seite hängen oder ob das Becken nach vorn oder hinten kippt. Nachdem Sie stabil und mittig ausgerichtet sind, strecken Sie die Wirbelsäule gerade in die Länge. Außerdem schmiegen Sie die Beckenkämme zueinander hin. Das aktiviert die Bauchdecke und stützt die Lendenwirbelsäule. Nach fünf tiefen Atemzügen kehren Sie zurück in den Hund.
2// Seitliches Brett, Vasishthasana
Wirkung: kräftigt Arme und Schultern
Aus dem Hund versetzen Sie Ihre rechte Hand etwas nach links unter die Mittelachse des Körpers. Rollen Sie auf die Außenkante des rechten Fußes und legen Sie den linken Fuß auf den rechten. Drehen Sie das Becken nach links, ohne es nach unten sacken zu lassen. Lösen Sie die linke Hand vom Boden und drehen Sie auch den Rumpf zur Seite auf. Dabei kann die linke Hand am Kreuzbein liegen oder senkrecht nach oben gestreckt werden. Stellen Sie sich eine magnetische Kraft vor, die die Innenseiten der Beinen zueinander zieht. Diese Aktivität hilft Ihnen, die Wirbelsäule zu stützen. Um die äußeren schrägen Bauchmuskeln und den Serratus (Sägezahnmuskel) zwischen Brust und Schulter anzusprechen, ziehen Sie die rechten Rippen zum linken Beckenkamm und umgekehrt. Schultern und Schlüsselbeine bleiben möglichst weit. Nach fünf Atemzügen kehren Sie zurück in Brett und Hund und wechseln die Seite.
3// Vorwärtsbeuge aus der Grätsche, Prasarita Padottanasana
Wirkung: dehnt Arme, Schultern und Körperrückseite
Stellen Sie sich in eine Grätsche, bei der Oberschenkel und Zehen leicht nach innen gedreht sind. Verschränken Sie die Finger hinter dem Rücken, dabei lassen Sie etwas Abstand zwischen den Handgelenken. Verwurzeln Sie die vier Ecken der Füße gleichmäßig am Boden, bevor Sie sich aus den Hüftgelenken heraus nach vorne beugen. Dabei halten Sie den Rumpf lang und lassen die Arme nach oben steigen und dann nach vorne sinken. Experimentieren Sie damit, die Handflächen zum Rücken oder nach außen zu wenden. Diese Übung schenkt den beim Klettern stark beanspruchten Muskeln eine willkommene Entlastung. Nach fünf Atemzügen rollen Sie sich behutsam wieder zum Stehen auf.
4// Baum, Vrikshasana
Wirkung: fördert das Gleichgewicht und stärkt die Mitte
Sie beginnen im gut aufgerichteten Stehen und verlagern das Gewicht auf das linke Bein. Heben Sie den rechten Fuß vom Boden ab und beobachten Sie, ob Sie sich verspannen, um sich in der Körpermitte zu stabilisieren. Bewegen Sie sich langsam und möglichst locker und setzen Sie die rechte Fußsohle auf einer für Sie angemessenen Höhe an die Innenseite des Standbeins (aber nicht ans Knie). Drehen Sie das rechte Knie nach außen, ohne das Becken zu verdrehen, und schmiegen Sie Standbein und gehobenen Fuß zueinander hin. Konzentrieren Sie sich auf Ihre Mittelachse – eine gelöst aufsteigende Linie über dem stabilen, gut geerdeten Standbein. Genau wie beim Klettern besteht der Trick dahin, nach unten zu schieben, um sich nach oben abzudrücken. Wenn Sie mit zu viel Kraft und Anspannung arbeiten, werden Sie schnell ermüden. Nach fünf Atemzügen lösen Sie die Haltung und wechseln die Seite.
5// Einbeinige Taube, Eka Pada Rajakapotasana
Wirkung: mobilisiert die Hüftgelenke und dehnt die Oberschenkel
Sie beginnen im herabschauenden Hund. Heben Sie das linke Bein, beugen Sie das Knie und ziehen Sie es zur linken Hand. Schieben Sie das rechte Bein langsam nach hinten, bis der linke Oberschenkel am Boden (oder auf einem Kissen) ankommt. Damit das Becken nicht nach links kippt, sondern das Kreuzbein waagerecht liegt, können Sie die Zehen des hinteren Fußes einwärts und seine Ferse auswärts drehen. Senken Sie den Oberkörper lang gestreckt nach vorne und stützen Sie sich auf den Unterarmen auf. Bei entsprechender Beweglichkeit können Sie auch die Arme lang nach vorn ausstrecken und die Stirn ablegen. Entspannen Sie mindestens eine Minute lang bewusst die linke Hüfte und das rechte Bein. Nach maximal fünf Minuten wechseln Sie über den Hund die Seiten.
6// Donnerkeil, Vajrasana
Wirkung: dehnt die Füße
Beim Klettern verspannen sich die Füße leicht – und das nicht nur wegen dem enormen Krafteinsatz, sondern auch wegen der engen Kletterschuhe. Diese Haltung schafft Abhilfe, indem Sie die Faszien der Fußsohle und Muskeln und Bänder rings um die Wadenmuskeln massiert. Stellen Sie im Kniestand die Zehen auf (auch den widerspenstigen kleinen Zeh) und setzen Sie sich zurück auf die Fersen. Bleiben Sie fünf Atemzüge lang in der Haltung und lassen Sie nach und nach mehr Körpergewicht auf die Zehen sinken. Wenn das zu intensiv ist, lehnen Sie sich nach vorn und stützen sich mit den Händen auf dem Boden ab. Mit der Zeit können Sie sich auf bis zu drei Minuten in der Haltung steigern.
TIPPS: Darauf kommt es für Kletterer an
- Atmen Sie voll und tief aus der Kraft des Zwerchfells. Das fördert mentale Klarheit und körperliche Kraft
- Lenken Sie den Atem an die Rückseite des Rumpfes und lassen Sie daraus ein neues Atemmuster werden
- Bewegen Sie sich mit Effizienz und entspannter Kraft
- Klammern Sie sich nicht krampfhaft fest
- Setzen Sie Ihr Körpergewicht in der Bewegung ein, anstatt sich der Schwerkraft zu widersetzen.
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