Vergessen Sie die typischen guten Vorsätze zum Jahreswechsel – meistens wirft man sie ebenso schnell wieder über Bord, wie man sie gefasst hat. Die Weisheitslehren des Yoga helfen Ihnen, in fünf Schritten Intentionen so zu formulieren, dass Sie stattdessen Ihre wahren Herzenswünsche verwirklichen.
Schritt 1: Hingabe
Ishvara Pranidhana
Der erste Schritt besteht darin, herauszufinden, was es eigentlich ist, das Sie in Ihrem Leben voranbringen möchten. Dazu sollten Sie sich nicht den Kopf zerbrechen: Um zu einem authentischen Herzenswunsch zu gelangen, müssen Sie viel eher Ihre Seele fragen. Die übergeordnete Frage an die Seele lautet: „In welche Richtung soll ich mich bewegen, um meinen höchsten Lebenssinn zu erfüllen?“ Einer Antwort auf diese Frage kann man sich nur nähern, wenn der Geist ruhig wird. Um Klarheit über Ihre tiefsten Herzenswünsche zu erlangen und von dort aus zu einem Sankalpa zu finden, schlagen wir die Übung „Vom Herzen her beginnen“ vor (siehe Seite 30). Der Meditations- und Yoga-Nidra-Lehrer Richard Miller erklärt: „Ganz am Anfang steht die Erfahrung, dass es tief im Inneren etwas gibt, das sich mit dem gesamten Universum im Einklang fühlt. Diese Erfahrung kann uns von -einem Gefühl des Getrenntseins zu dem einer Einstimmung auf die Gesamtheit des Lebens führen. Ich nenne das: ‚In den Armen des höheren Selbstes ruhen‘.“ Laut Miller ist das ein Moment der Hingabe: „Aus diesem weiten Gefühl der Verbundenheit heraus kann man sich einfühlen in seine tiefste Sehnsucht nach -Gesundheit, Heilung oder Ruhe, nach
Gemeinschaft, Beziehung oder Zugehörigkeit, danach gesehen, gehört und geliebt zu werden, oder auch nach Erwachen und spiritueller Erfüllung.“
Schritt 2: Selbsterforschung
Atma Vichar
Der zweite Schritt zum Formulieren eines Sankalpa besteht darin, diesen sehnsüchtigen Herzenswunsch in eine klare Intention zu verwandeln, in etwas, das sich in Worten und Taten ausdrücken und verwirklichen lässt. Dazu schlägt die Psychologin Kelly McGonigall folgende Fragen vor:
- Was möchte ich in meinem Leben mehr erfahren und was könnte ich tun, um es geschehen zu lassen?
- Wie möchte ich in den wichtigsten Beziehungen und Rollen meines Lebens sein? Und wie könnte das praktisch aussehen?
- Was möchte ich der Welt anbieten? Womit kann ich beginnen?
- Wie möchte ich in diesem Jahr wachsen?
- Zu welchen Handlungen kann ich mich verpflichten, die mit meinem Herzenswunsch in Einklang stehen?
- Was muss in den kommenden 6 bis 18 Monaten passieren, damit ich auf meinem Weg voranschreite?
Achten Sie bei der Beantwortung dieser Fragen ganz genau auf Ihre Wortwahl: Die Genauigkeit und die Resonanz, die diese Formulierungen in Ihnen erzeugen, tragen sehr viel zum Gelingen bei. „Es ist wichtig, sich klarzumachen, was wirklich zu einem passt und auf allen Ebenen stimmig ist“, meint auch die Ratgeber-Autorin Geneen Roth. „Je konkreter und erreichbarer Ihre Antworten sind, desto leichter wird es Ihnen fallen, sich in diese Richtung zu bewegen.“
Schritt 3: Verbindlichkeit
Tapas
Auch ein echter Herzenswunsch, der von Mitgefühl und Anbindung an ein höheres Ziel getragen ist, ist manchmal schwer ins Leben zu bringen. Es führt kein Weg daran vorbei, dass man sich zuweilen als ohnmächtig wahrnimmt, dass man das Gefühl hat, allzu hart arbeiten zu müssen und sich lieber gemütlich zurücklehnen und treiben lassen möchte. Im Kampf gegen diese Tendenz zur Trägheit ist „Tapas“ Ihre beste Waffe. Wörtlich bedeutet dieser Begriff aus der Yoga-philosophie „Hitze“, man könnte ihn mit „Feuereifer“ übersetzen, denn gemeint ist die Bereitschaft, sich verbindlich auf ein Ziel festzulegen und dafür auch sprichwörtlich durchs Feuer zu gehen. Zugegeben: Das klingt ebenso abschreckend wie schwammig. -Etwas bescheidener, dafür aber praktischer gefasst, ginge es zunächst einmal darum, neue Gewohnheiten auszubilden. „Gewohnheiten sind die unsichtbare Architektur des Alltags“, erklärt Gretchen Rubin, die Autorin von „Das Happiness-Projekt“: „Sie sind es, was uns letztlich ermöglicht unseren Zielen, Wünschen und Idealen treu zu bleiben.“ Eine neue Gewohnheit zu etablieren, braucht natürlich Geduld und Disziplin: Schließlich muss man sich erst mal jeden Tag aufs Neue für dasselbe entscheiden, bevor schließlich die Routine greift und ihre Dynamik uns weiterträgt. „Einen Entschluss in eine tragfähige Gewohnheit umzuwandeln, bedeutet, den nervigen Prozess des ‚Soll ich oder soll ich nicht?‘ zu durchbrechen“, weiß Rubin. Ihr Tipp: Schaffen Sie Methoden, sich selbst auf konkrete Handlungen festzulegen und dies auch zu kontrollieren. Zum Beispiel indem Sie Tagebuch führen oder indem Sie Ihrem Vorhaben mehr Verbindlichkeit verleihen, indem Sie mit Freunden und Familie darüber sprechen.
Neben dieser ganz konkreten und praktischen Ebene kann Ihnen Tapas aber auch auf einer viel grundlegenderen Ebene helfen: Etwa indem Sie sich regelmäßig Zeit und Ruhe einräumen, um sich immer wieder innerlich mit Ihrem Herzenswunsch zu verbinden. Erst diese Verbindung schafft eine echte Verbindlichkeit, eine tiefere Motivation jenseits der reinen Willenskraft. Aus ihr heraus können Sie sich fragen: Was muss geschehen, damit ich mich für diesen grundlegenden Wandel auch in der Tiefe öffne?
Der zweite Teil folgt am 26.1.